Francesca Fagnani empfiehlt De Filippi, die Statine einnimmt, ein Nahrungsergänzungsmittel. Das löst eine Kontroverse aus.

Zwischen zwei Scherzen verriet die Journalistin Francesca Fagnani, dass sie Berberin einnimmt, ein immer beliebter werdendes Nahrungsergänzungsmittel zur Senkung des Cholesterinspiegels. Ihre Äußerung in einem Interview mit Maria De Filippi auf Belve löste online Kontroversen aus. Viele betonten, wie wichtig es sei, die Risiken und geeigneten Therapien durch Rücksprache mit einem Spezialisten abzuklären. Denn wenn der Spiegel des „schlechten“ Cholesterins steigt, ist die Gesundheit ernsthaft gefährdet.
Um das zu verstehen, hilft ein einfaches Beispiel. Für einen Spaziergang im Park reichen bequeme Schuhe. Auf unebenen Wegen in der Natur braucht man Wanderschuhe, und in den Bergen sind Bergschuhe besser. Ältere Menschen brauchen vielleicht auch einen Gehstock. Letztendlich variiert das Risiko kleiner und größerer Unfälle selbst beim Spazierengehen – sogar bei gleicher Schrittzahl.
Auch beim LDL-Cholesterin, dem „schlechten“ Cholesterin, das ein ursächlicher Risikofaktor für das Aufbrechen atherosklerotischer Plaques und die daraus resultierenden Herzinfarkte und Schlaganfälle ist, müssen wir ähnlich vorgehen. Entsprechend dem individuellen Risikoprofil müssen geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden.
Wie man den Cholesterinspiegel senktAm besten senkt man den Cholesterinspiegel durch einen gesunden Lebensstil. Achten Sie auf Ihr Gewicht, essen Sie viel Obst und Gemüse, bevorzugen Sie pflanzliche Fette und Proteine, setzen Sie auf Vollkornprodukte und denken Sie an die Vorteile von Fisch. Aber Vorsicht: Die Ernährung hat zwar einen erheblichen Einfluss auf die Blutfettwerte, aber eine allzu starke Senkung ist nicht möglich, da die Leber die LDL-Cholesterin-bindenden Partikel produziert, ohne dass wir etwas dagegen tun können.
Was also tun? Die Mittel, die neben der mediterranen Ernährung und körperlicher Aktivität zum Einsatz kommen, sind nicht für jeden gleich. Wir dürfen also nicht in die Falle tappen, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, also Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente. Es gibt keine Guten und Bösen. Und es gibt klar definierte Anwendungsbereiche für Erstere und Letztere: So lässt sich die Diskussion interpretieren, die im Anschluss an Fagnanis Äußerungen entstand, als er De Filippi ein Nahrungsergänzungsmittel empfahl (der übrigens angab, weiterhin die Anweisungen seines Arztes zu befolgen und Medikamente einzunehmen). In jedem Fall rückt das Geschehene das Thema „Statinphobie“ in den Vordergrund. Ist das nachvollziehbar?
Tatsächliche oder vermeintliche IntoleranzStatine werden fälschlicherweise oft als Nocebo-Effekt bezeichnet, was häufig übertrieben dargestellt wird. Viele Menschen fürchten die Nebenwirkungen dieser Medikamente und halten sich deshalb nicht an die ärztliche Verordnung, obwohl Statine das wichtigste und am weitesten verbreitete Mittel zur Senkung des Risikos von Herzinfarkt und Schlaganfall sind. Jüngste Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass bis zu vier von zehn Patienten die verordnete Statintherapie abbrechen oder die Dosis sogar reduzieren. Dies könnte der Grund dafür sein, dass manche Menschen zu Produkten greifen, die das LDL-Cholesterin weniger stark beeinflussen, aber als „sicher“ gelten.
Es stimmt, dass viele Menschen die potenziellen Beschwerden (insbesondere Muskelschmerzen) im Zusammenhang mit der Einnahme von Statinen als große Sorge empfinden. Eine Studie mit über vier Millionen Patienten, die von Experten unter der Leitung von Maciej Banach von der Universität Lodz und der Universität Zielona Góra durchgeführt und im European Heart Journal veröffentlicht wurde, belegt jedoch eindeutig, dass diese Befürchtungen stark übertrieben sind.
StatineTatsächlich tritt eine Statinunverträglichkeit bei 6 bis 10 % der Patienten auf. Das ist deutlich weniger, als allgemein angenommen wird. Kurz gesagt: Wir sollten nicht in die Falle tappen, die vom Arzt empfohlene Behandlung zu „vergessen“, denn ein hoher Cholesterinspiegel ist wirklich gefährlich. „Statine sind nach wie vor ein Eckpfeiler der kardiovaskulären Prävention und spielen eine unersetzliche Rolle bei der Senkung des LDL-Cholesterins und der Verringerung des Risikos für Herzinfarkt und Schlaganfall“, warnt Leonardo De Luca, Direktor der Kardiologie am Policlinico San Matteo in Pavia. „Es ist daher wichtig, auf eine so wirksame Therapie nicht zu verzichten, insbesondere nicht aufgrund einer vermuteten Unverträglichkeit. Darüber hinaus gibt es heute auch für Patienten mit einer tatsächlichen Unverträglichkeit wirksame pharmakologische Alternativen, wie beispielsweise Bempedoinsäure, die eine sichere und effektive Lipidkontrolle ermöglicht.“
Wie man sich verhältWas ist also in der Praxis zu tun? „Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente sind geeignete Mittel, um das Ziel der Prävention von Herz-Kreislauf-Ereignissen zu erreichen“, erklärt De Luca. Die Strategie zur Senkung der Blutfettwerte muss selbstverständlich auf das individuelle Risikoprofil abgestimmt sein. Daher sind Nahrungsergänzungsmittel zusätzlich zu einer angepassten Ernährung und ausreichend Bewegung für Personen mit niedrigem Risiko und leicht erhöhten LDL-Werten sinnvoll, während Patienten mit einem mäßig bis hohen Risiko oder mit nachgewiesener Arteriosklerose geeignete Medikamente und Medikamentenkombinationen verschrieben bekommen sollten. Vorsicht ist jedoch geboten: Nahrungsergänzungsmittel senken zwar den Cholesterinspiegel, ihre Wirksamkeit kann jedoch variieren, da sie nicht wie Medikamente kontrolliert werden. Zudem fehlen – anders als bei Statinen und anderen lipidsenkenden Medikamenten – aussagekräftige Daten aus großen, randomisierten klinischen Studien.
Das Risikoprofil zählt.Eine Person mit erhöhtem kardiovaskulärem Risiko weist sowohl beeinflussbare als auch nicht beeinflussbare Risikofaktoren auf, die die Wahrscheinlichkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen. Dazu gehören unter anderem höheres Alter, familiäre Vorbelastung, Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes und Bewegungsmangel. In diesem Zusammenhang sollten die Cholesterinwerte und insbesondere Strategien zu deren Senkung – abgestimmt auf die angestrebten Ziele – betrachtet werden. Testergebnisse zeigen, dass der LDL-Cholesterinspiegel für alle unter 115 Milligramm pro Deziliter liegen sollte. Für Personen ohne besonderes Risiko ist ein Wert unter 100 optimal.
Sind wir jung und in bester körperlicher Verfassung und liegen unsere Werte ohne weitere Risikofaktoren leicht über den empfohlenen Grenzwerten, können Nahrungsergänzungsmittel sehr hilfreich sein. Sind wir jedoch Raucher, leiden wir vielleicht unter Bluthochdruck und haben wir etwas Wassereinlagerungen, ist der Zielwert niedriger. Daher kann unser Arzt uns, selbst ohne Herz-Kreislauf-Ereignisse, bitten, ambitioniertere Ziele anzustreben. Dann sind Medikamente nötig, beispielsweise Statine. Kurz gesagt: Bei Herz-Kreislauf-Risiken muss die Prävention individuell angepasst werden, insbesondere bei komplexen Erkrankungen wie Diabetes und Bluthochdruck.
In diesen Fällen empfehlen die ESC/EAS-Leitlinien 2025, dass Hochrisikopatienten ihren LDL-Cholesterinspiegel nicht nur drastisch senken, sondern auch schnell handeln sollten. Dies erfordert sehr ambitionierte LDL-Cholesterin-Zielwerte: unter 70 Milligramm pro Deziliter für Hochrisikopatienten, unter 55 für Patienten mit sehr hohem Risiko und sogar unter 40 für Patienten mit „extremem Risiko“, einschließlich solcher mit rezidivierenden Ereignissen oder diffuser Polyvaskulopathie.
Was Nutrazeutika bewirken könnenFür gesunde Menschen ohne kardiovaskuläre Risikofaktoren (einschließlich des Alters), die eine moderate Cholesterinsenkung benötigen, können Nutrazeutika (einschließlich Nahrungsergänzungsmittel) hilfreich sein. Der Begriff umfasst sowohl funktionelle Lebensmittel als auch eigentliche Nutrazeutika. Funktionelle Lebensmittel sind Lebensmittel, die reich an natürlichen Substanzen (meist pflanzlichen Ursprungs) sind oder künstlich mit diesen angereichert wurden und nachweislich gesundheitsfördernde Eigenschaften und pharmakologische Wirkungen besitzen. Beispiele hierfür sind Lebensmittel mit Ballaststoffen, Phytosterinen, Omega-3-Fettsäuren und Sojaprotein.
Echte Nutrazeutika hingegen sind natürlich gewonnene Substanzen (überwiegend pflanzlichen Ursprungs) mit nachgewiesener pharmakologischer Wirkung, wie beispielsweise Bergamotte, Berberin, Monacoline und Policosanole. Die Verwendung dieser Substanzen beruht auf ihren einzigartigen Eigenschaften, die den Fettstoffwechsel effektiv beeinflussen. So reduzieren Ballaststoffe und Phytosterine die Cholesterinaufnahme im Darm; Bergamotte, Sojaprotein, fermentierter roter Reis (enthält Mevinolin, ein natürliches Statin in einer Dosierung von nur 3 Milligramm) und Policosanole hemmen die Cholesterinsynthese in der Leber. Schließlich hemmen Berberin und Omega-3-Fettsäuren die Triglyceridproduktion.
Wann sind Medikamente notwendig?Medikamente können das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall drastisch senken. Deshalb ist es wichtig, dass Sie Ihre Therapie genau nach ärztlicher Anweisung durchführen und nicht abbrechen. Die Grundlage der LDL-senkenden Therapie bilden Statine. Diese reversiblen Hemmer des Enzyms HMG-CoA-Reduktase, das in allen Zellen vorkommt. Ihre Wirkung reduziert die Cholesterinproduktion in den Zellen erheblich. Infolge dieses Mangels senden die Zellen ein Alarmsignal aus, das die Bildung neuer Rezeptoren für das im Blut zirkulierende Cholesterin anregt. Dieser Mechanismus reinigt das Blut schrittweise vom „schlechten“ Cholesterin, dem sogenannten LDL-Cholesterin. Das Endergebnis ist eine Senkung des Cholesterinspiegels im Blut.
Bempedoinsäure hingegen wirkt auf die Cholesterinsynthese in der Leber, also vor dem Zielenzym der Statine. Dadurch kann sie, zusätzlich zu Statinen oder anderen lipidsenkenden Therapien, den LDL-Cholesterinspiegel weiter senken. Im Gegensatz zu Statinen ist Bempedoinsäure ein Prodrug, das nicht in der Skelettmuskulatur aktiviert wird. Auch Ezetimib, das über einen anderen Mechanismus wirkt und häufig mit Statinen kombiniert wird, findet breite Anwendung. Dünndarm und Leber sind die beiden Schlüsselorgane für die Cholesterinsynthese und -absorption und stellen die Kontrollmechanismen dar: Bei Dyslipidämie ist dieser Kontrollmechanismus gestört, was zu einem Anstieg des LDL-Cholesterinspiegels im Blut führt. Ezetimib beeinflusst die Wiederaufnahme von Cholesterin in diesen Bereichen und fördert so dessen Ausscheidung.
Was zu tun ist, wenn Ihr Cholesterinspiegel deutlich sinken mussWenn eine stärkere und schnellere Senkung des LDL-Cholesterinspiegels erforderlich ist, können Ärzte monoklonale Antikörper einsetzen. Diese Antikörper wirken als „Fänger“ und hemmen die Aktivität des Proteins PCSK9, welches die LDL-Rezeptoren auf der Oberfläche von Leberzellen abbaut. Diese Medikamente (Anti-PCSK9) verhindern, dass die Leber einen Mangel an diesen Rezeptoren aufweist, erhöhen deren Anzahl und damit die Fähigkeit der Leber und anderer Zellen wie beispielsweise Fettzellen, das schädliche Cholesterin aus dem Blut zu entfernen.
Inclisiran, das die Synthese von PCSK9 hemmt, kann – ähnlich wie eine Impfung mit Auffrischungsimpfungen – nur zweimal jährlich verabreicht werden, und zwar bei Patienten mit sehr hohem Risiko, die eine drastische Senkung des LDL-Cholesterinspiegels benötigen. Das Medikament wirkt auf PCSK9, ein körpereigenes Protein, und nutzt die RNA-Interferenz-Technologie.
Dank dieses einzigartigen Wirkmechanismus verhindert es die Synthese des PCSK9-Proteins, indem es die Verwendung der PCSK9-RNA zur Bildung des PCSK9-Proteins, das dieses kodiert, hemmt. Insofern unterscheidet es sich von den beiden bereits verschreibungspflichtigen monoklonalen Antikörpern, die das bereits exprimierte PCSK9-Protein blockieren, ohne dessen Synthese zu beeinflussen.
La Repubblica



